
Gutes Fett, schlechtes Fett?
Im Sommer zeigen wir mehr Haut, allein schon wegen der Temperaturen. Fitnesscoaches animieren zu Muskeltraining und Sixpack. Warum aber der Bauch ganzjährig ein guter Indikator für Ihre Gesundheit ist, lesen Sie hier.
Warum macht ausgerechnet Bauchfett krank?
Fett an den Oberarmen oder den Unterschenkeln ist nicht das Thema. Tatsächlich ist krankmachendes Fett vor allem in der Körpermitte angesiedelt. Das hat den Hintergrund: Fettzellen haben die Fähigkeit, sich stark ausdehnen zu können. Lagert sich Fett in der Bauchhöhle ab, ist dort aufgrund der vielen Organe wenig Platz. Aus Platzmangel bilden sich die Fettzellen dort, wo sie gar nicht hingehören – sie ummanteln Organe und nisten sich in diesen ein. Besonders gefürchtet in der Leber (Stichwort: Fettleber) und in den Blutgefäßen (Thema: Arteriosklerose und Herzerkrankungen).
Laut Molekularbiologe und „Fettversteher“ Alexander Bartelt (so sein gleichnamiges Sachbuch) sind Fettzellen aufgrund der Platzenge besonders gestresst. Sie schütten im Bauch Entzündungshormone aus. Stille Entzündungen triggern wiederum diverse Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes, Arthrose. Bauchfett erhöht erwiesenermaßen das Krebsrisiko, etwa für Brust- und Prostatakrebs.
Wann ist mein Bauch zu dick?
Interessanterweise können auch optisch schlanke Menschen zu viel Bauchfett ansammeln. Experten unterscheiden das gefährliche viszerale vom harmlosen subkutanen Fettgewebe. Letzteres ist das Unterhautfettgewebe. Das viszerale Fett siedelt sich um die Organe herum an und ist deshalb risikobehaftet. Mediziner wissen, dass auch Mangelernährung zu einer Fettleber führen kann. Aber grundsätzlich ist der Bauchumfang ein probater Richtwert. „Apfeltypen“ mit dünnen Beinen und runder Körpermitte gelten als besonders gefährdet, „Birnentypen“, bei denen sich Fettpolster eher an Beinen und Po zeigen, sind weniger betroffen. Der Bauchumfang gilt als wichtige Messgröße der Gesundheit. Die Weltgesundheitsorganisation WHO rät Männern, bei denen das Maßband mehr als 102 Zentimeter anzeigt, und Frauen bei über 88 Zentimetern dringend zum Abnehmen. Ernährungsmediziner warnen schon bei Bauchumfängen von 94 bzw. 80 Zentimetern.
Fett in der Ernährung – immer negativ?
Nein! Im Gegenteil, Fett ist ein Grundnährstoff und für unsere Gesundheit unverzichtbar. Es kommt wie bei so vielem immer auf das Maß, die Menge und die Qualität an. Als grobe Regel gilt: Fette aus pflanzlichen Quellen sind vorzuziehen. Nahrungsmittel aus tierischen Fetten sind eher ungünstig, ihre gesättigten Fettsäuren setzen häufig stille Entzündungen im Körper in Gang. Gesunde Fette finden sich insbesondere in Fischöl (etwa Lachs) sowie in pflanzlichen Ölen aus beispielsweise Raps, Oliven, Leinsamen oder auch Algen, die reich an Omega-3-Fettsäuren sind, aus denen unser Körper sogar entzündungshemmende Fetthormone bilden kann.
Warum fällt uns Abnehmen so schwer?
Unser Körperfett, so beschreibt es „Fettversteher“ Bartelt, ist ein Organ, das aus im Körper verteilten Inselverbünden besteht. Durch das Fettgewebe ziehen Nerven- und Blutbahnen, es zirkulieren im Fett Botenstoffe, die mit dem Gehirn kommunizieren. Fettzellen sind zufrieden, wenn sie Nahrung erhalten. Auch deshalb ist Essensaufnahme an die Ausschüttung von Glückshormonen gekoppelt. Versteht sich, dass im Umkehrschluss Hungern schlechte Laune macht. Wer fastet oder Diät hält, kämpft gegen die Biologie des Körpers an, die in den Genen abgespeichert ist. Hinzu kommt, dass Fettgewebe, das einmal vorhanden ist, nicht gänzlich verschwindet. Es ist wie ein Luftballon, aus dem beim Abnehmen Luft entschwindet, der aber problemlos an Volumen zulegen kann, sobald Sie wieder mehr essen.
Gibt es im Körper auch gutes Fett?
Ja! Fettgewebe ist sogar überlebenswichtig. Es gilt als Kraftstoff und Energielieferant gerade für schlechte Zeiten. Zu dünnen Menschen fehlen oft wichtige Botenstoffe, die aus dem Fettgewebe gesendet werden. Fettzellen kommunizieren auch mit den Zellen im Gehirn, über diverse Botenstoffe steuern sie unseren Appetit und das Hungergefühl. Fachmann Bartelt unterscheidet übrigens auch noch zwischen weißem und braunem Fett. Letzteres ist das gute Fett im Körper, es enthält viel Eisen und ist so etwas wie die körpereigene Isolierung, es schützt vor Kälte. Braunes Fett unterstützt den Organismus, die Körpertemperatur auf einem Level zu halten, indem es die energiereichen Zuckermoleküle und Fette verbrennt.
Wie kann ich die Fettverbrennung aktivieren?
Dafür gibt es viele Ansatzpunkte: Häufige Diäten verlangsamen auf Dauer eher den Stoffwechsel. Intervallfasten hingegen kann helfen – nach etwa zehn bis 12 Stunden Nahrungskarenz greift der Körper nicht mehr auf die Kohlenhydratspeicher zurück, sondern geht direkt an die Fettreserven. Auch Eisbäder oder kalte Duschen kurbeln den Stoffwechsel an. Zudem gelten manche Lebensmittel als Katalysatoren für die Fettverbrennung. Dazu zählen Kaffee, grüner Tee, aber auch scharf gewürzte Speisen (Chili, Ingwer). Eine proteinreiche Ernährung (Fisch, Tofu, Hülsenfrüchte, Haferflocken, Vollkornprodukte) sättigt schneller und regt den Metabolismus an. Und natürlich ist Bewegung ein wichtiges Instrument. Langfristig zahlt sich dabei eine Mischung aus Kraft- (Muskelaufbau) und Ausdauertraining (Cardio) aus.
Ist der Sixpack bloß ein Mythos?
Der Waschbrettbauch gilt manchen als Schönheitsideal. Aus Gesundheitsgründen ist er nicht unbedingt anzustreben. Das sagt zumindest Sportwissenschaftler Arvid Neumann. Ein weicher und flexibler Bauch ermögliche einen maximalen Abstand zwischen Brustkorb und Becken und sei einem komprimierten und angespannten Bauch funktionell überlegen. Der Vorteil zeige sich alleine schon bei der Atmung. In ein Muskelpaket könne man längst nicht so tief hineinatmen. Um ein Sixpack optisch auszuprägen, sind übrigens nicht so sehr Crunches als vielmehr eine extrem fettreduzierte Ernährung ausschlaggebend.
So wird der Bauchumfang gemessen: aufrecht stehend, morgens vor dem Frühstück. Das Maßband platzieren Sie auf Bauchnabelhöhe, jedenfalls an der dicksten Stelle. Dann atmen Sie aus, der Bauch wölbt sich vor und genau jetzt nehmen Sie Maß.
Immer auf dem Laufenden bleiben – melden Sie sich an.