
Schützen Sie Ihren Darm!
Rund 55.000 Menschen in Deutschland erhalten jedes Jahr die Diagnose Darmkrebs. Damit gehört die Tumorerkrankung zu den häufigsten bösartigen Leiden. Die gute Nachricht: Eine bessere Früherkennung, moderne Therapien und eine gesündere Lebensweise sorgen dafür, dass die Zahlen seit Jahren sinken.
Darmtumoren entstehen in den meisten Fällen im Dickdarm (Kolon) und Mastdarm (Rektum) aus zunächst gutartigen Darmpolypen, sogenannten Adenomen. Das sind pilzartige Vorwölbungen in der Darmschleimhaut, die im Inneren des Darms wuchern und sich zu einer bösartigen Geschwulst wandeln können. Durchschnittlich dauert es fünf bis zehn Jahre, bis aus einem kleinen Polypen, der anfangs oft nur wenige Millimeter groß ist, Darmkrebs entsteht. Viele Tumoren entwickeln sich somit schleichend, ohne dass Betroffene zunächst über große Beschwerden klagen.
Die meisten Darmkrebserkrankungen treten daher erst im Alter von 50 Jahren oder später auf, über die Hälfte der Erstdiagnosen entfallen auf Menschen, die älter als 70 Jahre alt sind. Aber: Während die Erkrankungszahlen bei älteren Menschen dank erfolgreicher Früherkennungsprogramme rückläufig sind, nimmt die Darmkrebshäufigkeit besonders bei jüngeren Erwachsenen zwischen 20 und 30 Jahren seit Jahren deutlich zu.
Ungesunder Lebensstil begünstigt Darmkrebs
Die Ursachen der Erkrankung liegen in den allermeisten Fällen an einem ungesunden Lebensstil. Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum, zu wenig Bewegung sowie eine falsche Ernährung spielen eine wesentliche Rolle bei der Entstehung von Darmtumoren.
Besonders bei jüngeren Betroffenen scheint laut einer großen Studie auch der Genuss zuckerhaltiger Getränke das Risiko zu erhöhen. Zudem können chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn Darmkrebs begünstigen. Auf erbliche Faktoren sind nur etwa fünf bis zehn Prozent der Krebserkrankungen zurückzuführen. Wohl aber gibt es Fälle, in denen Dickdarmkrebs gehäuft in Familien auftritt. Angehörige sollten in diesem Fall besonders auf eine Früherkennung achten.
Die Darmspiegelung
Bei der Koloskopie wird das Innere des Darms mithilfe eines Endoskops betrachtet, das durch den After eingeführt wird. Am Ende dieses schlauchförmigen, biegsamen Instruments befindet sich eine Minikamera, mit der die Darmschleimhaut gefilmt wird. Werden Polypen entdeckt, können diese unmittelbar mittels einer Schlinge oder kleinen Zange entfernt werden. Eine Darmspiegelung dauert etwa 20 Minuten und ist weitgehend schmerzfrei.
Auf Wunsch erhalten Patienten ein Beruhigungsmittel, das einen in einen Dämmerschlaf versetzt. Für die Untersuchung muss der Darm allerdings blitzsauber sein, damit der Arzt die Darmschleimhaut gut beurteilen kann. Hierfür wird am Tag vor der Untersuchung ein Abführmittel eingenommen und viel Wasser oder ungesüßter Tee oder auch Brühe getrunken.
Gut zu wissen!
Der Darm – der Star unseres Immunsystems
Eine gesunde Darmflora leistet einen entscheidenden Beitrag zu unserer Gesundheit. Denn das bis zu siebeneinhalb Meter lange Organ ist nicht nur ein einfacher Muskelschlauch, der unsere Nahrung verdaut, sondern ein wichtiger Bestandteil unseres Immunsystems. Etwa 70 Prozent unserer Abwehrzellen befinden sich im Darm, er beherbergt rund 100 Billionen Bakterien und bis zu 2000 unterschiedliche Spezies, die potenziellen Krankheitserregern den Zutritt in unseren Körper verwehren. Über sein umfangreiches Nervensystem kommuniziert er permanent mit dem Gehirn. Konkret: Gerät dieses Mikrobiom aus dem Gleichgewicht, ist auch unser Immunsystem geschwächt. Und das wirkt sich auf den gesamten Körper aus.
Auf Warnsignale achten
Darmkrebs ist besonders tückisch, denn kommt es zu spürbaren Symptomen, ist die Erkrankung in vielen Fällen bereits fortgeschritten, was die Heilung erschwert. Spätestens zum Arzt gehen sollte man bei:
- Veränderten Stuhlgewohnheiten wie Durchfall, Verstopfung oder beides im Wechsel.
- Krampfartigen Bauchschmerzen und öfter zwingendem Stuhldrang, häufig auch ohne anschließende Stuhlentleerung.
- Auffälligem Stuhl: sichtbares Blut und Schleimbeimengungen, besonders übelriechender Stuhl oder bleistiftdünner Stuhl durch Verengungen im Darm.
- Verdauungsbeschwerden wie häufige, starke Darmgeräusche, Blähungen mit ungewolltem Stuhlabgang, häufige Übelkeit oder Völlegefühl trotz wenig Essen.
Ganz allgemein auf eine Tumorerkrankung können auch eine ungewöhnlich verminderte Leistungsfähigkeit, häufige Müdigkeit, deutlicher Gewichtsverlust und Nachtschweiß hindeuten. Wichtig: Nicht alle Betroffenen haben eine oder alle oben genannten Symptome; andererseits bedeuten die Beschwerden nicht automatisch, dass man Darmkrebs hat. In jedem Fall aber sind die Heilungschancen besser und die Behandlung ist schonender, je früher der Darmkrebs entdeckt wird. Eine ärztliche Abklärung ist daher umso wichtiger.
Möglichkeiten der Früherkennung
Die klassische Darmspiegelung (Koloskopie) ist noch immer die wichtigste und zuverlässigste Vorsorgeuntersuchung. Denn hierbei können Darmpolypen nicht nur erkannt, sondern kleinere Adenome auch gleich entfernt werden. Seit April diesen Jahres ist die Darmspiegelung für gesetzlich Versicherte einheitlich geregelt: Frauen und Männer ab 50 Jahren können zweimal eine Darmspiegelung im Abstand von zehn Jahren durchführen lassen.
Alternativ dazu kann ab 50 Jahren alle zwei Jahre ein Stuhltest gemacht werden, bei dem okkultes, also mit dem bloßen Auge nicht sichtbares Blut im Stuhl aufgespürt werden kann. In beiden Fällen werden die Kosten von den gesetzlichen Kassen im Rahmen der Darmkrebsvorsorge übernommen.
Bei auffälligem Stuhltest besteht zudem immer ein Anspruch auf eine Darmspiegelung zur weiteren Abklärung. Dies sollte auch unbedingt gemacht werden, denn moderne immunologische Stuhltests (iFOBT) sind zwar relativ zuverlässig; es kann jedoch auch immer zu falsch positiven oder falsch negativen Ergebnissen kommen. Konkret kann das Blut beispielsweise auch von Hämorrhoiden herrühren, andererseits bluten manche Tumoren auch gar nicht.
Wichtig: Bei Verdacht auf erblichen oder familiär gehäuften Darmkrebs sollte man deutlich früher zur Darmspiegelung gehen! Sprechen Sie in diesem Fall mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin. Als Faustregel bei familiär gehäuftem Darmkrebs gilt, dass die Untersuchung zehn Jahre vor dem Erkrankungsalter der betroffenen Verwandten stattfinden sollte. Viele Krankenkassen übernehmen bei Patienten mit erhöhtem Darmkrebsrisiko meist auch die Kosten einer intensivierten Darmkrebsvorsorge, obwohl dies über die gesetzliche Darmkrebsvorsorge hinausgeht.
Andere Vorsorgeuntersuchungen, wie etwa die Kapselendoskopie oder die computertomographische Kolonographie, die von manchen Ärzten als individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) angeboten und selbst bezahlt werden müssen, empfehlen Fachgesellschaften wie die Deutsche Krebshilfe derzeit nicht.
Darmkrebs vorbeugen
Mit einer gesunden Lebensweise kann jeder sein Darmkrebsrisiko deutlich senken. Wer das Rauchen aufgibt und seinen Alkoholkonsum einschränkt, Übergewicht vermeidet und regelmäßig körperlich aktiv ist, hat bereits viel getan. Laut Deutschem Krebsforschungszentrum kann das Darmkrebsrisiko zum Beispiel allein durch tägliche körperliche Aktivität um 20 bis 30 Prozent reduziert werden! Und dabei muss man sich nicht einmal verausgaben.
Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt 150 bis 300 Minuten moderate oder 75 bis 150 Minuten intensive Bewegung pro Woche, zum Beispiel Wandern, Radfahren oder Schwimmen. Auch eine gesunde Ernährung kann vor Darmkrebs schützen. Frisches Obst und Gemüse mit Vitaminen und Antioxidantien sollten jeden Tag auf dem Speiseplan stehen, dazu Ballaststoffe, die den Darm gesund halten. Sie stecken vor allem in Vollkorngetreide und Hülsenfrüchten wie Erbsen oder Linsen sowie Nüssen oder zum Beispiel in wasserlöslichen Flohsamenschalen.
Fleisch, vor allem rotes (Rind und Schwein), sowie verarbeitete Wurst, Fast Food und Fertiggerichte sollten dagegen seltener gegessen werden. Nach neuesten Studien sollte man möglichst auch den Konsum zuckerhaltiger Softdrinks einschränken.
Therapiemöglichkeiten
Je eher Darmkrebs erkannt und behandelt wird, desto besser sind die Heilungschancen. So beträgt etwa die Fünf-Jahres-Überlebensrate mittlerweile 90 Prozent, wenn Darmkrebs schon in einem frühen Stadium mit nur lokaler Ausbreitung erkannt wird. Neben der klassischen Operation sowie der Chemotherapie und der Strahlentherapie setzen Mediziner mittlerweile auch große Hoffnungen in neue Behandlungsformen, wie beispielsweise die Immuntherapie, die als Infusion verabreicht wird. Hierbei wird das körpereigene Immunsystem so angeregt, dass es den Tumor aus eigener Kraft besiegen soll. Sogenannte Checkpoint-Inhibitoren greifen dabei in die Steuerung der Immunantwort gegen Krebszellen ein. An wichtigen Schaltzentralen – Checkpoints – aktivieren diese Wirkstoffe Immunzellen dazu, gegen Tumorzellen vorzugehen.
Bei der zielgerichteten Therapie (targeted therapy) wiederum greifen Medikamente gezielt in Wachstums- oder Teilungsprozesse der Tumorzellen ein – die Krebszellen werden dadurch sozusagen ausgehungert. Grundsätzlich hängt der Erfolg einer Darmkrebstherapie stark von der behandelnden Klinik ab. Betroffene sollten sich an eines der rund 300 zertifizierten Darmkrebszentren wenden, die es in Deutschland gibt. Sie verfügen über viel Erfahrung und hohe Qualitätsstandards.
Mit KI gegen Darmpolypen
Künstliche Intelligenz (KI) ist in der Medizin auf dem Vormarsch, auch in der Darmkrebsvorsorge und -therapie. So kann sie zum Beispiel beim Aufspüren von Polypen im Darm helfen, aus denen Darmkrebs entstehen kann. „Wir finden etwa 35 Prozent mehr Vorläuferläsionen (Polypen), die kleiner als ein Zentimeter sind, die dann entfernt werden. KI ist also eindeutig ein DiagnoseVerbesserer“, erklärt Prof. Dr. Julia Mayerle, Direktorin der Medizinischen Klinik II des LMU Klinikums München. Zudem unterstütze Künstliche Intelligenz bei der Erstellung von Befunden sowie bei der Kodierung. Moderne „Eye movement“-Systeme ermöglichen eine gezieltere Suche nach Polypen, indem die menschlichen Störbewegungen des Auges gefiltert werden, so Mayerle.
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