Psyche & Wohlbefinden
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Atempause!

Atmen ist das Einfachste von der Welt, oder? Ja klar, wir machen es, sobald wir das Licht der Welt erblicken. Doch bisweilen haben wir das tiefe Atmen verlernt. Das kann zu mentalen Blockaden führen und uns krank machen. Atemtechniken und Meditation hingegen stärken unser Wohlbefinden.

Wir können viele Stunden ohne Schlaf auskommen, etwa 40 Tage ohne Essen überleben und sogar fünf Tage ohne Trinken, doch wir sterben nach nur wenigen Minuten ohne Sauerstoff. Luft ist folglich unser wichtigstes Nahrungsmittel. Und nicht nur das – falsches Atmen, wenn also zu viel oder zu wenig Sauerstoff an zu wenige Stellen im Körper gelangt, kann uns definitiv krank machen. Wie sich das äußert? Unsere kognitiven Fähigkeiten und unser Gedächtnis werden schwächer, falsches Atmen erhöht den Cortisol- und damit den Stressspiegel, kann also auch den Schlaf empfindlich stören und körperliche Malaisen auslösen.

Im Umkehrschluss gilt: Atmen ist eine Superkraft. Diese Power wirkt nicht nur gegen Stress und Angstgefühle, sondern kann auch Herz-Kreislauf-Probleme, Schlafstörungen, ja sogar orthopädische Beschwerden heilen. Was es dafür braucht? Das Wissen um die entsprechende Atemtechnik.

Was passiert eigentlich bei diesem Vorgang, den wir von Geburt an beherrschen wie kaum etwas anderes? Ein gesunder junger Erwachsener atmet ungefähr fünfzehn Mal pro Minute ein und wieder aus. Dabei gelangt pro Atemzug, der im Schnitt 3,3 Sekunden dauert, etwa ein halber Liter Frischluft in die Lunge; bei körperlicher Anstrengung entsprechend mehr und summa summarum nach Ablauf eines Tages etwa 10.000 bis 20.000 Liter Luft.

Beim Einatmen hebt sich der Brustkorb, das Zwerchfell senkt sich, dadurch wird die Lunge größer: Es entsteht ein Unterdruck, weshalb frische Luft wie automatisch angesaugt wird. Die eingeatmete Luft gelangt durch die Luftröhre in die Bronchien, die sich weit verzweigen. Die letzten Verästelungen enden in den etwa 300 bis 600 Millionen Lungenbläschen. Deren Wände sind so dünn, dass der Sauerstoff durch sie durchwandert und auf diese Weise ins Blut diffundiert. Dort bindet er sich an die roten Blutkörperchen, konkret an das Speichereiweiß Hämoglobin.

Sauerstoff zirkuliert als Lebenselixier überall im menschlichen Körper – in den Zellen des Bluts, der Knochen, der Muskeln, in allen Organen und natürlich auch im Gehirn.

Das Problem: Laut einer Studie haben wir verlernt, richtig in die Tiefe zu atmen. 60 bis 80 Prozent der Menschen atmen zu kurz und zu flach. Der US-amerikanische Wissenschaftsjournalist James Nestor hat mit seinem Buch „Breath“ einen Bestseller gelandet. Er trägt dabei Atemtechniken aus unterschiedlichen Gesellschaften und Jahrhunderten zusammen. Sein Credo: Richtiges Atmen können wir neu lernen.

Die beste Atemtechnik?

… ist nicht die Mundatmung, denn die begünstigt Infekte, kann zu Karies und Paradontitis führen und Atemprobleme, Schlafapnoe sowie Verspannungen in Nacken und Kiefer hervorrufen. Viel besser ist die Atmung durch die Nase. Dabei wird die eingeatmete Luft in der Nase gereinigt, erwärmt und befeuchtet. Der Luftwiderstand ist um etwa 20 Prozent höher als bei der Mundatmung, dadurch können die Lungen mehr Sauerstoff aufnehmen.

Eine US-amerikanische Studie zeigt, dass die Nasenatmung sogar die Kommunikation zwischen verschiedenen Hirnarealen erhöht und so unsere Gedächtnisleistung verbessert.

Extra-Tipp

Leichter einschlafen lässt es sich mit der „4-7-8-Atemübung“: * 4 Sekunden durch die Nase einatmen, * Luft anhalten und bis 7 zählen, * dann mit geöffnetem Mund 8 Sekunden lang hörbar die Luft ausströmen lassen. Machen Sie das mehrmals nacheinander, verlangsamt sich der Herzschlag, der Blutdruck sinkt, Sie werden spürbar ruhiger und gleiten entspannt in den Schlaf. Diese Atemtechnik hilft sogar bei Panikattacken.

Was haben wir beim Atmen verlernt?

Lang und tief atmen. Laut Experte Nestor nutzen Erwachsene oft nur zehn Prozent ihres Zwerchfellvolumens, sie atmen also oberflächlich. So ein kurzer Atemzug belüftet dann aber auch nur den oberen Lungenbereich. Der Bauchraum ist häufig mit Sauerstoff unterversorgt, mit ein Grund für Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Probleme. Wer so flach atmet, verspannt zudem seinen Oberkörper – auch das wirkt sich auf Dauer negativ aus: verspannte Muskeln und ungute Emotionen wie Angst, Unruhe und Wut.

Was hilft? Die tiefe Bauchatmung bezieht Brustkorb und Bauchraum mit ein und gleicht emotional aus. Der Atem wird gleichmäßiger, der Mensch entspannter. Dass Sie die tiefe Zwerchfellatmung richtig anwenden, zeigt sich am nach außen gewölbten Bauch. Tipp: Zur taktilen Unterstützung die Hände auf den Bauch legen.

Warum ist Meditation gesund?

Die Wahrnehmung konzentriert sich dabei auf die Atmung. Meditierende können sich viel besser im Hier und Jetzt verankern. Wer mal versucht, sich nur auf seinen Atemrhythmus zu fokussieren, lernt Gedanken kommen und gehen zu lassen und nicht alles bewerten zu müssen. Hirnforschende haben durch Hirn-Scans bei regelmäßig meditierenden Mönchen nachgewiesen, dass sich deren Gehirn durch die Meditation umbaut und für Gefühlsregungen zuständige Hirnareale besser vernetzt werden.

Einfache Meditationstechniken umfassen das Zählen der Atemzüge oder das reine Beobachten des Atemflusses. Interessiert? Etliche Krankenkassen bieten Anleitungen zum Download auf ihren Webseiten. Auch gut zum Schnuppern: kostenlose Apps wie „Calm“ oder „7mind“.

Gut zu wissen!

Wir verbringen auch im Sommer die meiste Zeit des Tages indoor. Mit jedem Atemzug atmen wir etwa einen halben Liter Luft ein, der zu 21 Prozent aus Sauerstoff und zu 0,03 Prozent aus Kohlendioxid besteht. Die ausgeatmete Luft aber enthält schon 5,6 Prozent CO2. Wir erhöhen allein durch unsere Präsenz die CO2-Konzentration im Raum, die Luft wird immer schlechter. On top sammeln sich Schadstoffe aus Zigarettenqualm und von elektromagnetischer Strahlung (Handys, Drucker, Computer) sowie anderen Elektrogeräten.

Tipp: Luftreinigungsgeräte und insbesondere regelmäßiges Durchlüften (zehn Minuten Stoßlüften mindestens drei Mal am Tag) verbessern die Luftqualität.

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